Wenn mich jemand fragt, welche denn die schönste Stadt von Island sei, dann würde ich vermutlich ohne Umschweife mit Siglufjörður antworten. Diese Mini-Stadt mit nur rund 1200 permanenten Bewohnern ist besser als jedes Geschichtsbuch.
Wie der Name schon sagt, liegt die Stadt an einem Fjord. Zusammen mit Hannah bin ich an einem Nachmittag die knapp 100 Kilometer von Akureyri hierher getrampt. Schon auf dem Weg merkt man, wie abgeschieden diese Stadt ist. Man muss mehrfach durch kilometerlange Tunnel fahren. Wie mir später erklärt wird, wurden die auch erst vor nicht allzu langer Zeit gebaut. Vorher kam man nur über Bergpässe nach Siglufjörður – oder noch früher nur mit dem Schiff.
Als erstes haben wir unser Lager in der Jugendherberge, dem HI Hostel Siglufjörður aufgeschlagen. Die Alternative wäre der örtliche Campingplatz in Siglufjörður gewesen. Der steht mitten im Zentrum am Hafen und ist nicht gerade ruhig, dafür aber vergleichsweise windgeschützt.
Die Hering-Ära in Siglufjörður spüren
Wie eigentlich jede Stadt in Island, kann man auch Siglufjörður am besten zu Fuß erkunden. Und was soll ich sagen. Die Stadt zieht einen gleich in den Bann. Das alte Fischerdorf versprüht noch den Charme aus der Hochzeit der Fischerei – von den 20er bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhundert. Die leerstehenden kleinen Bootswerften und -hallen haben sicher viele Geschichten von Fischern zu erzählen, die ausfuhren und von denen einige mit riesigen Fängen zurückkehrten, andere gar nicht mehr. Die „Hering-Ära“ wie man diese Zeit in Island nennt, war von einer Goldgräberstimmung geprägt. Überall entlang Islands Küste siedelten sich kleine Häfen und riesige Fischfabriken an. Die Arbeiter dafür kamen oft aus Norwegen, manche aber sogar aus Frankreich oder Deutschland.
Alte und neue Fischerboote im Hafen von Siglufjörður
Auch die Fischerboote aus dieser Zeit stehen in Siglufjörður einfach noch im Hafen herum und vermodern. Manche werden auch als eine Art Denkmal an diese Zeit gehegt und gepflegt. Zwischen den alten Bootshäusern stehen oft auch noch nur die Gerippe der kleinen Fischboote, die mitunter noch älter sind. Daneben parken an den Kaimauern die großen Fischtrawler. Sie fahren immer zu bestimmten Tagen aus und gehen mit ihren riesigen Schleppnetzen auf Fischfang. Auch dort zu finden: Rettungsschiffe der Küstenwache, die diesen Küstenabschnitt überwachen. Am den Kais stapeln sich Plastikkisten, in die der frische Fisch bei der Rückkehr geladen wird. Wenn die Schiffe einlaufen, warten oft ein paar Einheimische und holen sich frischen Fisch direkt vom Anleger ab. Oft sind es Verwandte der Fischer.
Geschichte der Heringsfischerei im Hering-Museum in Siglufjörður
Wer wissen will, wie es früher war, als die Männer noch mit den kleinen Holzbooten hinausgefahren ist, als es noch ein Kampf Mann gegen das Meer war, der muss unbedingt in das Museum der Hering-Ära in Siglufjörður gehen. Das Museum ist mit Abstand eines der besten, welches ich bisher überhaupt gesehen habe. Die Ausstellung wurde über Jahre zusammengetragen. In einem Teil des Museums wird das Leben der Fischer und der Frauen in den Fischfabriken gezeigt. Ein Stockwerk tiefer finden man indes alte Reliquien aus den Fischfabriken – von den Etikettiermaschinen bis zu Fässern mit Pökelsalz. Im Nebengebäude sind auch die Maschinen aus der damaligen Zeit ausgestellt. Mein Highlight: Ein Original-Fischerboot – mit Fernglas! Mehr dazu kommt in einem Extra-Beitrag zum Hering-Museum!
Buntes Siglufjörður
Was ich aber eigentlich am schönsten an Siglufjörður fand, waren die vielen Bunten Fassaden. Island ist nicht überall von Natur aus besonders farbenfroh. Deswegen lernt man hier das von Menschen Geschaffene zu schätzen. Die bunten Häuser von Siglufjörður machen neben den grauen Bergen, auf denen im Sommer oben noch etwas Schnee liegt, echt was her. Auch alte Fassaden erstrahlen so in ganz neuem und schönem Glanz.
Kunst in Siglufjörður
Und auch etwas anderes macht den Ort noch farbenfroher. Die kleinen Kunsterwerke, die sich nicht nur am Herings-Museum finden lassen, sondern auch an anderen Orten der Stadt, wie im Hafen. Am besten hat mir das Männer-Paar gefallen, welches auf einer Bank sitzt. Man kann sie richtig streitig hören. Ich will mehr von dieser Kunst!
Auch ich musste eine kleine Ära beenden
Wie es eben so ist, hat jede Zeit auch mal sein Ende. Und genau wie die Hering-Ära in Siglufjörður ging auch für mich eine kurze Ära, die gemeinsame Reise mit Hannah, dem Ende entgegen. Hannah wollte noch weiter durch den Norden Islands reisen, ich aber schon weiter auf der Ringstraße zum Nationalpark Asbyrgi. Und so mussten wir uns verabschieden, nach fast zwei Wochen gemeinsamen Reisen, gemeinsamen Singens und Fluchens. Aber keine Angst – wir haben uns schon doppelt wiedergesehen und sind durch die Reise gute Freunde geworden. Danke hier nochmal an die beste Island-Reisebegleitung, die man sich wünschen kann! Übrigens gibt es bald die Geschichte von meinen nächsten krassen Begegnungen. Es wird noch lustiger!
Siglufjörður Tipps
Übernachtung in Siglufjörður
Übernachtet haben wir, wie gesagt im HI Hostel Siglufjörður. Eine Nacht kostet für Mitglieder in der Sommersaison 4050 Isländische Kronen. Ohne Mitgliedschaft ist es etwas teurer. Wir hatten das Mehrbettzimmer jedoch für uns alleine und hatten so unsere Ruhe. Das war wohlbemerkt mitten im Juli!
Daneben gibt es einen günstigen Campingplatz mit Dusche und WC direkt im Zentrum. Das Geld dafür wird vom Wächter abkassiert. Der Platz kostet 1000 Kronen.
Hotels und Gästehäuser findet ihr zum Beispiel über Booking.com. Siglunes Guesthouse kommt sehr gut weg.
Einkaufen in Siglufjörður
Einkaufen in Island ist ja immer so eine Sache. Es gibt in der Stadt dann auch nur einen Supermarkt, den Samkaup. Daneben hat Siglufjörður noch eine Vínbúðin, wo ihr ein paar Bier kaufen könnt. In der Adalgata findet ihr zudem noch eine Bäckerei, die Adalbakeri, wo es leckere Zimtschnecken und Brot gibt. Sehr zu empfehlen und echt freundliche Leute. Damit hat es sich aber schon fast mit Versorungsläden in Siglufjörður.
Cafés und Restaurants in Siglufjörður
Neben der Adalbakeri liegt am Hafen eigentlich kaum zu übersehen noch Hannes Boy und Kaffi Raudka. Das sind die beiden markanten Gebäude in Rot und Gelb direkt am Hafen. Hannes Boy ist ein Restaurant, dort gibt es unter anderem leckeren Fisch. Im Kaffi Raudka ist es eher lockerer. Hier gibt es neben Kaffee auch Snacks und wechselnde Tagesmenüs. Die Preise sind isländisch aber auch nicht unverhaltnismäßig teuer. Auch das war es eigentlich schon mit Essensmöglichkeiten in Siglufjörður, zumindest was wir so finden konnten.
Im Allinn gibt es zudem noch Burger und anderes Fastfood. Ist etwas günstiger aber auch nicht billig.